Ein Immobiliengutachten ermittelt, wie viel ein Haus oder eine Wohnung wirklich wert ist. Doch wie viel darf die Expertise des Sachverständigen kosten?

Düsseldorf Eine Immobilienbewertung auf einem Onlineportal verursacht zwar keine Kosten. Sie berücksichtigt aber individuelle Kriterien des Einfamilienhauses oder der Eigentumswohnung wie die Aussicht von Balkon oder Terrasse, den Zustand der Haustechnik oder des Gartens meist nicht oder nur sehr pauschal.

Käufern liefert eine Immobilienbewertung im Internet daher keine zuverlässige Aussage darüber, ob das nach langer Suche gefundene Traumobjekt überteuert ist oder nicht. Schon gar nicht erfahren sie dabei von einem Immobiliengutachter, ob sie mit Reparaturen an der Immobilie rechnen müssen und welche Kosten diese verursachen werden.

Vor Gericht und beim Fiskus geht es ohne Immobiliengutachter meist nicht

Auch wer sein Haus oder eine Eigentumswohnung schnell verkaufen und dabei weder einen zu geringen Preis erzielen noch die Immobilie zu lange inserieren will, braucht ein fundiertes Gutachten, das einen realistischen Verkehrswert der Immobilie ausweist. Das gilt erst recht bei Konflikten in Erbengemeinschaften, einer Scheidung, Streit mit dem Finanzamt über die Höhe der Erbschaftsteuer oder, falls die Immobilie einem Unternehmen gehört, bei der Bewertung von dessen stillen Reserven. Landen solche Konflikte vor Gericht, ordnet meist der Richter die Erstellung eines Immobiliengutachtens an.

Voll- oder Kurzgutachten? Die Kosten unterscheiden sich erheblich

Welche Kosten für ein Immobiliengutachten anfallen, hängt von der Art des Gutachtens sowie davon ab, wer es erstellt. Ein 20- bis 30-seitiges gerichtsfestes Vollgutachten mit einer umfangreichen Dokumentation der Immobilie als Anhang kostet in der Regel zwischen 0,5 und einem Prozent des Verkehrswertes des Hauses oder der Wohnung. Ist seine Erstellung besonders aufwendig, weil die Immobilie sehr groß oder stark sanierungsbedürftig ist, können die Kosten auch bis zu 1,5 Prozent des Wertes der Immobilie betragen.

Die Kosten für ein Kurzgutachten mit wenigen Seiten halten sich dagegen mit rund 500 Euro in Grenzen. Es umfasst dafür aber auch nur wenige Seiten und liefert lediglich einen Orientierungswert dazu, welchen Preis das Haus oder die Wohnung am Markt erzielen würde. Für den Kauf oder Verkauf einer Immobilie reicht dies aber oft aus.

Das Honorar des Immobiliengutachters ist frei verhandelbar

Bis 2009 berechneten Sachverständige die Kosten für ihr Gutachten nach Paragraf 34 der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure. Die Vorschrift wurde aber abgeschafft. Daher können Immobiliengutachter ihr Honorar nun frei aushandeln. Auch ob sie eine Provision vereinbaren, ein Pauschalhonorar oder nach Stundensätzen abrechnen, steht ihnen offen.

Um zu vermeiden, dass die Kosten ausufern, wenn der Aufwand für die Erstellung des Immobiliengutachtens größer als erwartet ausfällt, sollten Auftraggeber eine Abrechnung auf Stundenbasis allerdings vermeiden. Wenn sie mit dem Immobiliengutachter ein Honorar vereinbaren, dessen Höhe sich am Verkehrswert der Immobilie bemisst, können sie die Kosten dafür dagegen meist schon bei der Auftragsvergabe überschauen.

Der Aufwand des Immobiliengutachters entscheidet über die Kosten

Die Kosten können Eigentümer einer Immobilie auch dann im Griff behalten, wenn sie dem Gutachter Arbeit abnehmen und ihm alle benötigten Unterlagen bei Auftragsvergabe geordnet zur Verfügung stellen. Ein Immobiliengutachter braucht unter anderem Grundrisse und Baupläne, die Rechnungen für erfolgte Modernisierungen, Auszüge aus Grundbuch und Flurkarte sowie bei Eigentumswohnungen die Teilungserklärung sowie die Nebenkostenabrechnungen und Protokolle der Eigentümerversammlungen der zurückliegenden drei Jahre.

Öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständiger kosten am meisten

Die Begriffe „Sachverständiger“ und „Gutachter“ sind als Berufsbezeichnungen nicht geschützt. Deshalb gibt es zahlreiche freie Immobiliengutachter. Sie zeichnen sich zwar meist durch große Kompetenz aus und erstellen zu geringen Kosten verlässliche Verkehrswert- und Kurzgutachten. Da ihre Fachkenntnisse jedoch von keiner staatlichen Stelle geprüft wurden, haben ihre Gutachten vor Gericht keinen Bestand.

Richter akzeptieren nur Gutachten eines „öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen“. Diese Berufsbezeichnung darf nur tragen, wer seine Sachkunde vor einer Industrie- und Handelskammer (IHK) nachgewiesen hat und von dieser oder den Architekten- und Ingenieurkammern seines Bundeslandes als Immobiliengutachter bestellt wurde. Die Bestellung erfolgt auf Zeit, sodass auch die fachlichen Kenntnisse eines öffentlich bestellten Sachverständigen regelmäßig überprüft werden.

Ihnen gleichgestellt sind Immobiliengutachter, die nach der Norm „DIN EN ISO/IEC 17024“ von der Deutschen Akkreditierungsstelle zertifiziert wurden. Diese ist eine Behörde im Sinne von Paragraf 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes und wird vom Bundeswirtschaftsministerium, den Bundesländern und dem Bundesverband der Deutschen Industrie finanziert.

Quelle:

© 2020 Handelsblatt GmbH – ein Unternehmen der Verlagsgruppe Handelsblatt GmbH & Co. KG  03.02.2022